Der Film "Ein-geschritten" bietet Information zum Todesmarsch in der Region Steyr-Kirchdorf 1945 und zu zivilgesellschaftlichem Engagement. Es wurden Zeitzeugen interviewt, Route und Stationen des Todesmarsches recherchiert und Fakten mit HistorikerInnen abgeklärt. Durch interaktive Vorführung des Films wurden Zeitzeugen animiert, eigene Erlebnisse zu reflektieren und sich darüber auszusprechen – so wurde der Pool an Interviews und Dokumenten erweitert und der Film fortlaufend aktualisiert.
Der Film wurde für den Einsatz an Schulen und für die Zielgruppe der ZeitzeugInnen konzipiert, wurde mit Stand 29.2.2016 ca. 100 Personen vorgeführt und über 300 mal aus dem Internet abgerufen.
Film „Ein-geschritten“ (33 Min., von J. Stöbis /Öff. Bibliothek der Evang. Gemeinde/2016): Information zu den Todesmärschen 1945.
EIN-GESCHRITTEN
ein Film von Joachim Stöbis
Im April 1945, kurz vor Kriegsende, zogen durch den Bezirk Kirchdorf an der Krems zeitgleich zwei Todesmärsche. Eine große Gruppe waren ungarische Juden, die beim Bau des Südostwalls eingesetzt waren. Als die russische Front näher rückte, wurden sie über drei Pässe ins KZ Mauthausen getrieben. Die andere Gruppe waren Häftlinge aus dem KZ Aflenz bei Leibnitz , die zum größten Teil dieselbe Route ins KZ Ebensee getrieben wurden. Dort kamen am 19. April 1945 407 Menschen an. Der Film erinnert an ein dunkles Kapitel der österreichischen Geschichte am Ende des zweiten Weltkrieges.
Stöbis: "Im Herbst 2013 begann ich, mich mit der Thematik des Todesmarsches in unserer Region zu befassen. Anton Aschauer hatte für die Landesausstellung 2007 „Festival der Regionen“ eine Schrift zu dem Ereignis verfasst unter dem Namen „Furchtbare Wege“. Durch Pfarrer Binder erfuhr ich von Baronin Mary Holzhausen, die Todesmarschteilnehmern am 17. April 1945 in Klaus zu essen gab und für diese verbotene Tat ins KZ Mauthausen sollte. Die Nachfahren von Baronin Holzhausen kannte ich und so hatte ich innerhalb kurzer Zeit drei Interviews zum selben Ereignis von ihren Kindern: Andrea Kofler, Baron Hanns Holzhausen und telefonisch Mary von Parpart. Alle hatten das EIN-SCHREITEN ihrer Mutter erlebt. Sehr schnell kam ich auch in Kontakt mit Oberstudienrat in Ruhe, Mag. Anton Aschauer und Oberschulrat in Ruhe Rudolf Stanzel, Magister Manfred Martin und anderen. Mit den von ihnen erhaltenen Informationen begann ich den Film zu erstellen. Im Mittelpunkt stehen die Zeitzeugenaussagen der Nachfahren von Baronin Holzhausen. Es wurden intensiv weitere Zeitzeugen gesucht und gefunden.
Für uns waren bis dahin die Todesmärsche namenlose Gruppen unbekannter Menschen. Bis auf fünf Teilnehmer der ungarischen Juden ist das auch so geblieben, aber von den Teilnehmern der KZler aus Aflenz sind wesentlich mehr Namen bekannt. Es hat schon bewegende Momente mit Nachfahren gegeben. Einen Überlebenden zu finden war leider bis jetzt nicht möglich. Inzwischen gewinnen immer mehr Menschen aus unserer Region den Mut, über das damals Geschehene zu reden. Möge dieser Film auch einen Beitrag dazu leisten, weiteres Licht in ein dunkles Kapitel unserer Region zu bringen. Damals wurden Menschen als Verbrecher, Hunde und Schweine bezeichnet. Andere abzustempeln geht schnell. Es geht aber darum, Wertschätzung entgegenzubringen. Wertschätzung dem, der uns als Ausländer oder angstmachende Person entgegen kommt. Wer den Menschen Wertschätzung entgegen bringt, hat auch den Mut zur Zivilcourage."
Vor knapp 50 Gästen präsentierte Joachim Stöbis (rechts unten, links) seinen Film und Dr. Ines Bernt-Koppensteiner (unten links) ihr Buch. Die Pädagogen Mag.a Waltraud Neuhauser-Pfeiffer und Mag. Erwin Dorn (unten Mitte) sind ebenfalls Mitautoren und stellten Grundzüge einer neuen Erinnerungskultur dar - spannend, weil diese die jüngere Generation erreichen kann.